Dual-Frequency-Tags: UHF und HF in einem Transponder
Stellen Sie sich vor, Sie könnten ein und denselben RFID-Tag sowohl für die langstreckige Supply-Chain-Überwachung als auch für kontaktlose Interaktion mit dem Kunden nutzen. Dual-Frequency-Tags machen genau das möglich: Sie kombinieren UHF- und HF/NFC-Technologie in einem Chip. So lassen sich Waren entlang der globalen Lieferkette verfolgen und später per Smartphone auslesen, um Produktinformationen, Bedienungsanleitungen oder Garantiedaten bereitzustellen. In diesem Artikel erklären wir Aufbau, Vorteile und typische Einsatzgebiete solcher Hybridgete.
Technisches Konzept: Zwei Frequenzen, ein Chip
Ein Dual-Frequency-Tag besteht aus zwei Antennen und einem Chip, der beide Funkstandards unterstützt. Der UHF-Teil (860–960 MHz) nutzt das EPCglobal-Gen2-Protokoll für schnelle und weitreichende Übertragung, während der HF-Teil bei 13,56 MHz (ISO/IEC 14443A oder ISO/IEC 15693) arbeitet und von Smartphones via NFC ausgelesen werden kann. Ein Beispiel ist der EM4423-Chip, der laut Hersteller eine 2 Kbit-Speicherbank für HF und 512 Bit für UHF besitzt. Während der HF-Modus etwa 200 mW Leistung an das NFC-Lesegerät abgeben kann, beträgt die Ausgangsleistung im UHF-Betrieb circa 25 mW.
Vorteile dualer Transponder
- Durchgängige Nachverfolgung: UHF erlaubt das schnelle Auslesen vieler Tags über mehrere Meter Entfernung, ideal für Logistik und Inventur. HF/NFC ermöglicht die Interaktion des Endkunden mit dem Produkt, etwa per Smartphone-App.
- Produktsicherheit: Ein Tag mit zwei Funkstandards ist schwerer zu fälschen. Unternehmen können den HF-Speicherbereich mit einem Signaturzertifikat oder einer URL versehen, die auf eine Echtheitsprüfung verweist.
- Mehr Speicher: Der HF-Bereich bietet größeren Datenspeicher und schnellere Schreibmöglichkeiten. So können zusätzliche Informationen wie Garantiefristen, Wartungsprotokolle oder Marketinginhalte gespeichert werden.
- Kosten- und Platzersparnis: Anstelle von zwei separaten Tags muss nur ein Etikett angebracht und verwaltet werden.
Einsatzfelder
Dual-Frequency-Tags verbinden die Welt der Supply Chain mit der Konsumenten-Interaktion. Einige Anwendungen:
- Bekleidungsbranche: Einzelhändler nutzen UHF zur Bestandsverwaltung und HF/NFC für digitale Kundenservices. Kunden können Kleidung scannen, um Pflegehinweise zu erhalten oder ähnliche Produkte anzusehen.
- Elektronikartikel: Hersteller kodieren Seriennummern und Garantiedaten im HF-Speicher. Gleichzeitig dient der UHF-Teil zur automatisierten Logistik und Diebstahlsicherung.
- Pharma & Gesundheit: UHF sorgt für Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette, während Patienten per NFC Informationen zur richtigen Medikamenteneinnahme abrufen können.
- Zugangssysteme & Events: Tickets oder Mitgliedskarten mit UHF/HF-Chips ermöglichen schnellen Eintritt (UHF) und interaktive Inhalte per Smartphone (HF).
- Logistik & Asset-Management: Lager können Paletten mit dualen Tags identifizieren, während Wartungstechniker per NFC vor Ort Serviceinformationen auslesen oder aktualisieren.
Case Study: Smart Label im Luxussegment
Ein Luxusgüterhersteller nutzt Dual-Frequency-Tags, um seine Produkte zu schützen und die Kundenbindung zu stärken. Während der Herstellung und Distribution werden die Handtaschen per UHF automatisch identifiziert, was Fehlverladungen verhindert. Im Verkaufsraum können Kunden per Smartphone den HF/NFC-Teil des Tags scannen und sich von einer App über die Herkunft der Materialien, Pflegehinweise sowie personalisierte Produktvorschläge informieren lassen. Darüber hinaus kann das Unternehmen im HF-Speicherbereich einen digitalen Echtheitsnachweis hinterlegen. Die Erfolgsquote bei der Verhinderung von Fälschungen stieg messbar, und der Kundenservice profitierte von interaktiven Inhalten ohne zusätzliche Hardware.
Technische Herausforderungen und Sicherheitsaspekte
Dual-Frequency-Tags müssen verschiedene Anforderungen gleichzeitig erfüllen: Die beiden Antennen dürfen sich nicht gegenseitig stören, der Chip muss hohe Energieeffizienz bieten, und das Layout muss kompakt bleiben. Zudem müssen Unternehmen entscheiden, welche Daten in welchem Speicherbereich abgelegt werden. Da UHF-Bereiche oft unverschlüsselt gelesen werden können, sollten sensible Informationen (z. B. Garantiekarten oder Gesundheitsdaten) im HF-Speicher mit Passwortschutz hinterlegt werden. Einige Chips ermöglichen es, UHF- und HF-Abschnitte separat zu sperren.
Zukünftige Entwicklungen
Die Kombination aus UHF und HF schafft neue Möglichkeiten: Digitale Produktpässe (DPP) und Blockchain-basierte Herkunftsnachweise lassen sich einfacher realisieren, da die Produkthistorie im UHF-Teil und die Verbraucherinformationen im HF-Teil gespeichert werden können. In Zukunft könnten Dual-Frequency-Tags auch Sensoren integrieren, um Temperatur oder Erschütterungen aufzuzeichnen. Mit den Fortschritten in der gedruckten Elektronik werden Tags dünner und flexibler, was ihren Einsatz in Mode und Verpackungen erleichtert.
Quellen und weiterführende Informationen
- EM4423-Dual-Frequency-Chip – Produktdatenblatt – Angaben zu Speichergrößen, Ausgangsleistungen und unterstützten Protokollen.
- RFID Label: Überblick über Dual‑Frequency‑Tags – Anwendungen in Logistik, Asset Tracking und NFC-basierten Projekten.
- RAIN RFID: Sensor- und flexible Tags – Trends zu Sensorintegration und gedruckten, flexiblen Transpondern.
Bildquellen:
– A Collection of RFID Tags (CC BY‑SA 3.0).