On-Metal- und Spezialtags: RFID auf schwierigen Oberflächen
Standard-UHF-Etiketten funktionieren hervorragend auf Kartons, Kunststoff und Papier. Doch was ist mit Metallgehäusen, Werkzeugen, Behältern oder Textilien? Herkömmliche Antennen scheitern dort – die Metalloberfläche spiegelt das Signal, Energie geht verloren und der Tag kann nicht aktiv werden. Spezielle On-Metal-Tags wurden entwickelt, um dieses Problem zu lösen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie diese Tags konstruiert sind, welche Varianten es gibt und in welchen Branchen sie unverzichtbar sind.
Warum funktionieren Standardtags nicht auf Metall?
RFID-Tags nutzen eine Antenne, um das vom Reader ausgestrahlte elektromagnetische Feld zu empfangen. Auf leitfähigen Oberflächen wie Metall wird dieses Feld allerdings reflektiert, sodass die Energie nicht in den Tag gelangt – das Antennendesign entkoppelt sich vom Reader. Eine Lösung besteht darin, den Tag durch einen Abstandshalter von der Metalloberfläche zu separieren oder spezielle Antennen zu verwenden, die für Metall optimiert sind.
Konstruktion von On-Metal-Tags
Der Kern eines On-Metal-Tags ist immer noch ein Mikrochip mit Antenne, aber die mechanische Struktur ist speziell angepasst:
- Abstandshalter (Spacer): Eine Schaumstoff- oder Keramikschicht hebt die Antenne einige Millimeter vom Metall ab und verhindert, dass sich das elektromagnetische Feld kurzschließt.
- Schutzgehäuse: Robuste Kunststoff- oder Metallgehäuse schützen die Elektronik vor Stößen, Feuchtigkeit und Chemikalien.
- Optimierte Antennen: Die Antenne ist so abgestimmt, dass sie in der Nähe von leitfähigen Oberflächen effizient funktioniert. Häufig kommen Patch- oder Loop-Antennen zum Einsatz.
- Montageoptionen: Schrauben, Nieten oder Klebstoffe sorgen für eine sichere Befestigung am Metall. Bei Labelvarianten kommt oft eine starke Klebeschicht zum Einsatz.
Varianten: Von der Schraubplatte zum Flag-Tag
Laut einer Fachübersicht des AtlasRFIDstores gibt es unterschiedliche Bauformen von On-Metal-Tags, die sich je nach Einsatzfeld unterscheiden:
- Hard-Tag: Ein kompaktes Kunststoffgehäuse mit Abstandshalter. Wird auf Metall geschraubt oder genietet und hält hohen Temperaturen stand.
- Metallmontage-Label: Besteht aus einem bedruckbaren Etikett mit Schaumstoffschicht. Geeignet für IT-Hardware, Werkzeug oder Server. Lässt sich wie ein normales Etikett anbringen und wieder entfernen.
- Flag-Tag: Ein flexibles Etikett wird um eine Kante gebogen, sodass die Antenne in der Luft hängt („Flag“) und keinen direkten Kontakt mit dem Metall hat. Ideal für Rohre, runde Oberflächen oder Drähte.
- Einbett-Tags: Diese Tags werden in Metallflächen eingegossen und sind somit komplett versiegelt – perfekt für raue Umgebungen wie Gießereien.
Weitere Spezial-Tags
Neben On-Metal-Tags gibt es RFID-Transponder für besondere Anforderungen:
- Hochtemperatur-Tags: Speziell entwickelte Keramikgehäuse halten Temperaturen bis 250 °C aus. Sie werden in Öfen oder Lackierstraßen eingesetzt.
- Textil-Tags: Winzige, flexible Tags werden in Kleidungsstücke oder Wäscheetiketten eingenäht. Sie sind waschmaschinen- und chemikalienbeständig und dienen z. B. der Verfolgung von Hotelwäsche.
- Reifen- und Beton-Tags: Für Autoreifen oder Betonbauteile gibt es robuste Transponder, die eingebettet oder an vulkanisierten Oberflächen befestigt werden.
- Flag- und Kabelbinder-Tags: Ultraleichte Transponder, die an Kabelsträngen befestigt werden können, ohne die Signalübertragung zu stören.
Anwendungsbereiche
On-Metal- und Spezialtags sind aus vielen Industrien nicht mehr wegzudenken. Beispiele:
- Automobilindustrie: Verfolgung von Motorblöcken, Felgen oder Presswerkzeugen während des gesamten Produktionszyklus.
- IT- und Rechenzentren: Bestandsmanagement von Servern, Racks und Werkzeugen. Metallmontage-Labels vereinfachen Inventuren und sichern die Compliance in Datenschutz und Sicherheitsrichtlinien.
- Öl- und Gasindustrie: Flag-Tags markieren Rohre und Ventile in rauen Umgebungen.
- Gesundheitswesen: Wiederverwendbare Medizingeräte aus Edelstahl (z. B. Sterilisationscontainer) werden mit On-Metal-Tags ausgestattet, um Sterilisationszyklen zu dokumentieren.
- Raue Produktion & Gießereien: Hochtemperatur- oder Einbett-Tags überstehen Hitze, Chemikalien und mechanische Belastungen.
Tipps zur Auswahl
Bei der Auswahl eines On-Metal-Tags sollten Sie folgende Kriterien berücksichtigen:
- Temperaturbereich: Prüfen Sie, ob das Tag die maximale Betriebstemperatur Ihrer Umgebung aushält.
- Form und Größe: Rund, eckig, als Etikett oder Kabelbinder – wählen Sie die Geometrie passend zum Objekt.
- Lesereichweite: In der Regel geringer als bei Standard-UHF-Tags; verschiedene Antennenformen bieten unterschiedliche Reichweiten.
- Montagemöglichkeit: Kleben, schrauben oder einbetten? Denken Sie an die Dauerhaftigkeit und Wartbarkeit.
- Umweltbeständigkeit: Schutz vor Feuchtigkeit, Chemikalien, UV-Strahlung und mechanischen Einflüssen.
- Tag-Material und Befestigung: Für nasse Umgebungen eignen sich Kunststoffgehäuse, für extreme Temperaturen Keramik oder Silikon.
Praxisbeispiel: Werkzeugverwaltung im Presswerk
Ein Automobilzulieferer rüstet seine schweren Presswerkzeuge mit robusten On-Metal-Hard-Tags aus. Jedes Werkzeug wird mit einer eindeutigen ID gekennzeichnet und per Schraube befestigt. Beim Durchlaufen der Fertigungslinie werden die Tags automatisch ausgelesen und die Prozessparameter (Druck, Temperatur) den Werkzeugen zugeordnet. Durch die lückenlose Rückverfolgbarkeit konnte das Unternehmen die Lebensdauer der Werkzeuge optimieren und ungeplante Stillstände minimieren. Gleichzeitig ermöglicht ein mobiles Endgerät mit Flag-Tag-Aufsatz die schnelle Identifikation von Rohrleitungen und Ventilen im Instandhaltungsbereich.
Ausblick: Mikro- und Multifunktionstaggeräte
Die Weiterentwicklung von On-Metal- und Spezialtags geht Hand in Hand mit der Miniaturisierung. Neue Transponder integrieren Temperatur- oder Feuchtigkeitssensoren, um neben der Identifikation auch Umgebungsdaten zu liefern. Gedruckte und flexible Elektronik ermöglicht, Tags direkt in Textilien zu integrieren, ohne den Tragekomfort zu beeinträchtigen. In Kombination mit Augmented Reality könnten Techniker in Zukunft die Prozessdaten direkt in ihrem Sichtfeld sehen – das Tag liefert die Informationen, die Brille blendet sie ein. Parallel entsteht ein Trend zu nachhaltigen Materialien: Einige Hersteller experimentieren mit kompostierbaren Trägern, um Umweltbelastungen zu reduzieren.
Quellen und weiterführende Informationen
- AtlasRFIDstore – On‑Metal‑Tags Guide – detaillierte Beschreibung der Konstruktion und verschiedenen Bauformen.
- RFID Journal: Anwendungen von On‑Metal‑Tags – Beispiele aus der Automobil-, IT- und Gesundheitsbranche.
- RFID Label: Sensorintegration, AR und nachhaltige Materialien – Trendberichte zu Sensor‑Tags, Augmented Reality und umweltfreundlichen Trägermaterialien.
- Allgemeine Herstellerdokumentationen zu Hochtemperatur- und Textil-Tags (kein spezifischer externer Link).
Bildquellen:
– RFID tag in sewn-in label (CC BY‑SA 4.0).
– A Collection of RFID Tags (CC BY‑SA 3.0).